Leseprobe

kindle ebook Summer Hope Passion - Highland Proud Man & The Beauty

Ein Ende. Ein Neuanfang. Und doch scheint alles ohne jede Chance.


Liebesroman Highland Jo BergerVöllig ausgepowert erreiche ich meinen Wagen, öffne ihn und nehme das Handtuch vom Rücksitz. Obwohl ich ursprünglich einen kurzen, lockeren Morgenlauf im Sinn hatte, haben mich die warmen Temperaturen und der strahlend blaue Himmel immer weiterlaufen lassen und bis zum Schiefersteinbruch bei Ballachulish geführt.
Nach einem langen Schluck aus der Flasche wische ich mir den Schweiß von Gesicht und Nacken, steige ein und fahre los. Der bullige Wagen schnurrt wie ein Kätzchen. Dieses Geräusch verursacht mir nach wie vor eine Gänsehaut.
Zu Hause an der Cuil Bay angekommen, an der sich nicht nur mein Geburtsort, sondern auch einer meiner Golfplätze befindet, übergebe ich den Wagen meinem Chauffeur.
»Fahren Sie ihn bitte in die Garage, Conner«, sage ich lächelnd zu dem betagten Mann, der schon seit meiner frühesten Kindheit in unseren Diensten ist. In einem halben Jahr wird sein Sohn die Nachfolge seines Vaters antreten. Ich gebe ihm die Schlüssel. »Sie machen einen super Job. Danke! Lassen Sie uns demnächst über eine kleine Sondervergütung reden.«
Er strahlt mich an, und ich nicke ihm lächelnd zu, bevor ich um das imposante Gebäude des Golfklubs, das aus gemauerten Ziegeln besteht und viele Jahrhunderte alt ist, über den langen Kiesweg zu meiner Villa gehe. Man muss seine Angestellten so behandeln, wie man selbst gerne behandelt werden möchte, das zahlt sich immer mit Treue, Identifikation und guter Arbeit aus.
Endlich in meinen vier Wänden angekommen, schäle ich mich aus dem Sportoutfit und lege es auf den Ständer neben dem Wäschekorb, damit es trocknen kann. Bereits morgen wird es frisch gewaschen in der Kommode liegen.
Ich strecke mich, setze Kaffee auf und springe unter die Dusche. Anschließend trockne ich mich ab, gehe nackt in die Pantry-Küche, trinke meinen Kaffee im Stehen und blättere den Terminkalender im Handy durch.
In etwas weniger als einer halben Stunde kommt Rob, um mit mir über eine Kooperation seines Hotels mit meinem Golfplatz zu sprechen. Eine sehr lukrative Idee von ihm, seinen Gästen vergünstigt Kurse auf dem Royal St. Cuil anzubieten und die Anfahrt zu mir mit einer kleinen Sightseeingtour entlang der Küste des Loch Linnhe und einem Mittagessen im Golf-Restaurant zu verbinden. Ein exklusives Angebot für Robs Kundschaft, denn normalerweise ist mein Golfklub nur zahlenden und handverlesenen Mitgliedern vorbehalten.
Ich liebe meinen Job, er ermöglicht mir, an die schönsten Stellen dieser Welt zu reisen, denn mittlerweile besitze ich fünf Golfklubs rund um den Globus. Doch keiner ist so alt, ehrwürdig und exklusiv wie der Royal St. Cuil, der seinen Namen der Bucht zu verdanken hat, an der er liegt. Hier ist mein Zuhause, hier bin ich aufgewachsen und führe das Erbe meiner Väter fort.
Während ich eine zweite Tasse Kaffee trinke, blicke ich aus dem bodentiefen Panoramafenster hinaus auf die Cuil Bay und überlege, wann ich das letzte Mal Sex hatte. Und mit wem. Schließlich fällt es mir ein. Grinsend erinnere ich mich an die Rothaarige aus der Bar, die nur mit den Schultern gezuckt hatte, als ich ihr erklärte, dass ich lediglich einen One-Night-Stand suche. Ein scharfes Weib ist sie gewesen, aber keines, auf das ich mich länger einlassen würde. Zu offensichtlich schamlos. Definitiv Sex pur! Wahrscheinlich eine Nymphomanin, die den täglichen Kick braucht. In jedem Fall eine, die bereit gewesen ist, alle meine sexuellen Wünsche zu erfüllen.
Das war vor ungefähr fünf Tagen. Viel zu lange her, wenn man mich fragt. Allein der vage Gedanke an Sex macht mich scharf, und ich überlege, ob ich am Abend erneut die Bar aufsuchen sollte. Wer weiß, vielleicht ist Mrs Nymph wieder da. Sex ohne Verpflichtungen und ohne eine Professionelle aufzusuchen, ist ganz praktisch. Gerade weil ich seit dem Ende meiner letzten Beziehung wenig Lust auf eine feste Partnerin habe. Ich will mein Singleleben genießen. Kommt Zeit, kommt Frau – und zwar die richtige. An Gelegenheiten mangelt es mir nicht. Es gibt in meinem Umkreis jede Menge Frauen, die alles dafür tun würden, um mich in ihr Netz zu ziehen, doch erstens hat mich noch keine so wirklich von sich überzeugen können und zweitens vögele ich niemals in beruflicher Umgebung. Das kann dem Geschäft abträglich sein. Andererseits würde ich meinem passenden Gegenstück höchstwahrscheinlich nicht in einem Pub über den Weg laufen. Was soll’s, schließlich suche ich nicht.
Ich stelle die Tasse ab, Zeit, mich fertig zu machen. Da wir unser Meeting bei einer Runde Golf abhalten werden, ziehe ich eine kurze Stoffhose, ein Poloshirt und Golfschuhe an. Sollte der Deal mit Rob zustande kommen, wäre das ein Gewinn für uns beide. Zudem ist mir Rob in den wenigen Monaten, die wir uns kennen, schon fast ein guter Freund geworden, das macht so eine Übereinkunft doppelt interessant. Und zudem ist auch ohne Golfen ein geschäftliches Outfit nicht notwendig. Ich kann mir gut vorstellen, dass er es ebenso wie ich zu schätzen weiß, den edlen Anzug heute gegen ein Golfoutfit zu tauschen. Im Gegensatz zu seinem Status als Eigentümer des Glenlaggan Castle geht es bei mir etwas entspannter zu, da ich auf dem Klubgelände einige Zeit mit Golfen verbringe und mich dementsprechend in meiner beruflichen Umgebung nicht immer im feinen Stöffchen präsentieren muss. Bei Rob sieht das anders aus, von ihm erwartet man ein stets angemessenes Auftreten.
Plötzlich schlägt eine Tür zu. Ist etwa die Putzfee schon da? So früh heute?
»Guten Morgen, Marcie. Schöner Tag heute!«, rufe ich aus dem Schlafzimmer.
»Ja, schöner Tag heute«, sagt eine Stimme hinter mir, die garantiert nicht zu der alten Marcie gehört. Alles in mir versteift sich.
Langsam drehe ich mich zu ihr um.
»Megan! Was machst du denn hier? Hat dich deine Familie ausgesetzt?«
»Sehr witzig! Ich störe doch nicht etwa?« Sie zieht pikiert eine Augenbraue hoch und ihr Blick wandert durch mein Schlafzimmer.
»Nein, es ist keine Frau hier, wenn du das meinst. Was willst du?«
Mit einem Schnauben ziehe ich mir ein Shirt über. Sind meine Worte vor ein paar Wochen so nebulös gewesen? Wir hatten uns vor ungefähr einem halben Jahr getrennt. Es funktionierte einfach nicht mit uns beiden, unsere Interessen und Intensionen, aus welchen Gründen wir eine Beziehung geführt haben, gehen zu weit auseinander. Ihre Vorliebe für exklusive Partys und Luxusweibchen-Mimen haben mich von Woche zu Woche mehr ermüdet. Ihre ständigen Eifersuchtsszenen haben ebenfalls nicht zu einer entspannten Partnerschaft beigetragen. Letztendlich hat mir jedoch genau dieser Umstand die Entscheidung leicht gemacht.
Dass wir vor ein paar Wochen – oder war es schon länger her? – flüchtigen Sex miteinander hatten, ist mehr dem Alkohol und der Gelegenheit geschuldet gewesen. Klar, jetzt will sie mich darauf festnageln. Eine Frau wie Megan gibt einen goldenen Vogel nicht ohne Kampf aus der Hand.
»Dich sehen? Fragen, wie es dir geht?« Wie nicht anders erwartet, lehnt sie sich an den Türrahmen, senkt den Kopf ein Stückchen und sieht mich kokett und mit Schmollmund von unten herauf an. O ja, ihre rehbraunen Augen, die langen Wimpern und das brünette, wallende Haar, das sich geschmeidig um ihre zarten Schultern schmiegt, können einen Mann alles vergessen lassen. Doch ich bin geläutert. Megan wirkt wie das unschuldige Mädchen vom Lande, in Wirklichkeit strebt sie ein Luxusleben an. Wenn der Mann, der ihr das bieten kann, auch noch gut aussieht, prima.
»Ja klar.« Ich lache auf, gehe an ihr vorbei in den großzügigen Wohnbereich. »Was willst du wirklich?«
Theatralisch seufzend lässt sie sich auf die cremefarbene Ledercouch fallen. »Bietest du mir nichts zu trinken an?«
Ich blicke auf die Uhr. »Wenn es sein muss. Ich habe gleich einen geschäftlichen Termin.«
»Einen Martini, bitte«, sagt sie mit rauchiger Stimme und schlägt ein Bein über. Dabei sorgt sie dafür, dass der Rock zur Seite rutscht. Sie trägt keine Unterwäsche. Nun gut, das hat nichts zu heißen, Megan liebt es luftig. Auf diese Weise hat sie mich geangelt, welcher Mann kann diesem Köder schon widerstehen? Doch die Zeiten sind vorbei. Vor mir sitzt eine Frau Mitte zwanzig, bildhübsch, sexy und mit einem Körper wie eine Offenbarung. Leider passt das Innenleben nicht zur exquisiten Hülle.
Ich nehme ein Glas aus dem Schrank und gehe zur Bar hinüber. Dass Megan schon mittags mit einem Aperitif beginnt, ist nichts Neues. Am Anfang unserer Beziehung habe ich versucht, ihr das auszutreiben, was stets mit Lachen quittiert wurde und der Äußerung, ich sei ein Spielverderber.
»Was machst du eigentlich im Winter? Ich meine, so ohne Slip könnte es ganz schön kalt werden.«
Hinter mir lacht es kehlig auf. »Ganz einfach, du kannst mir meine Pussy wärmen.«

Frage an mich in eigener Sache: So wirklich überrascht bist du jetzt nicht, oder?
Stimmt. Fast. Ich hätte es kommen sehen können. Aber so ist das eben, wenn man nicht sehen will, sieht man auch nichts. Und jetzt? Schnappzack, aus die Maus. Ende Gelände. War schön mit dir, Ehe. Nett, dich für ungefähr fünf Jahre kennengelernt zu haben. Danke auch, brauche ich nicht mehr. Einmal reicht.
Verstört lasse ich mich in meinen Bürostuhl fallen, in der Hand den verräterischen Kontoauszug. Da ist er also, der Beweis, der alles besiegelt.
Mein Mann betrügt mich! In mantragleicher Wiederholung denke ich diesen Satz immer wieder.
Stopp! Vielleicht hat die Abbuchung ja einen plausiblen Hintergrund? Falschbuchungen kommen vor. Ich sollte ihm nicht gleich Untreue unterstellen. Stopp, da ist sie wieder, die Falle mit dem Namen: heiß geliebte Gewohnheit. Ich gebe zu, die letzten Monate – oder Jahre? – intuitiv mögliche Anzeichen eventuell etwas zu spontan beiseitegeschoben zu haben.
Befremdlich ist nur: Es tut nicht weh, wenn ich mir vorstelle, dass mein schöner Fraser mit einer anderen vögelt. Ja, vögelt, bumst, Liebe macht. Ich kann es sogar denken und mir dabei vorstellen, ohne dass mir Tränen aus den Augen schießen oder sich irgendwas in mir zusammenkrampft. Das bestürzt mich am meisten.
Ich warte auf den Schmerz, der sich in solchen Situationen einstellt. Nach zehn Minuten warte ich immer noch. Die Sache macht mir zwar zu schaffen, nur anders als erwartet. Ich fühle mich wie ein Skifahrer, der erst zum zweiten Mal auf den Brettern steht und die schwarze Piste runterfahren muss, weil die Anfängerpiste gesperrt ist. Unbekanntes Terrain. So was hat mich schon immer nervös gemacht. Und irgendwie vermisse ich den Fraser, den ich vor fünf Jahren geheiratet habe.
Ich breche in erheiterte Fassungslosigkeit aus und lache kurz auf. Wie war das? Bis dass der Tod uns scheidet? Tja, oder der Kontoauszug. Oder irgendeine Blondine, Rothaarige oder was weiß ich. Vielleicht ja auch ein anderer Mann? Soll es geben.
Susan, jetzt driftest du aber massiv ab.
Stimmt. Wie auch immer, es gibt zwei Dinge, die einer Frau Sorgen bereiten: Love Handles, die sich hinterrücks über Nacht auf die Hüften schleichen, abgebrochene Absätze von Lieblingsschuhen und der Moment, wenn eine Liebe zu Ende geht. Okay, das waren drei Dinge.
Plötzlich schiebt sich Ann Terry, die nur Terry genannt werden möchte, durch die Tür. Das heißt, zuerst sehe ich nur eine bauchige, weiße Vase mit einem Strauß pastellfarbener Gerbera darin. Meine Lieblingsblumen. Terry stellt die Vase auf den Tisch an der Sitzgruppe. »Hier, der wöchentliche Strauß wurde gerade gebracht. Ich finde ja die cremefarbenen am schönsten.«
»Geschmäcker sind verschieden, hm? Was dem einen gefällt, findet ein anderer abscheulich.« Die Ironie meiner Worte lässt mich verbittert auflachen. »Verzeih. Ich mag die lachsfarbenen sehr gerne. Sie haben so etwas Romantisches.«
»Aha.« Ihre Stirn legt sich in Falten. »Ist alles in Ordnung?«
Ich schüttele den Kopf, bemerke, wie Terrys Züge deutlich blasser werden, und ahne, was ihr durch den Kopf geht.
»Nein, aber keine Sorge. Mit der Redaktion ist alles in Ordnung.«
Terry ist die gute Seele in der Redaktion und hat die Krise damals live miterlebt. Mit fast sechzig Jahren hatte sie natürlich die Befürchtung, im schlimmsten Fall keinen Job mehr zu bekommen.
»Oh, taing do dhia. Gott sei Dank!«, stößt sie aus. »Darf ich fragen, was los ist?«
»Darfst du.« Ich greife zum mittlerweile kalten Tee. Eine Spur zu zittrig vielleicht, denn die Tasse fällt mir aus der Hand. Polternd kullert sie über den Schreibtisch, und eine Lache breitet sich neben der Tastatur aus, zum Glück nicht darauf.
»Shit!«, fluche ich laut. »Das jetzt auch noch!«
Hektisch ziehe ich ein paar Tücher aus der Kosmetikbox in der oberen Schublade und werfe sie auf die Pfütze. In der Regel stecke ich Fehlschläge gelassen und mit Humor weg, aber soeben habe ich meinen Tee verschüttet. Das ist sozusagen die letzte Vorstufe zu meinem ganz persönlichen Super-GAU und ein eindeutiges Anzeichen dafür, dass ich die Kontrolle verliere. Das wäre dann Ding Nummer fünf und kommt noch vor Love Handles und abgebrochenen Absätzen.
»Der schöne Tee«, fasst Terry treffenderweise zusammen. »Soll ich dir noch einen holen?«
Ich streiche mir eine Strähne hinters Ohr und reiche ihr den Kontoauszug. »Nein, danke. Mir wäre jetzt nach …«
»… jemandem, der dir sagt: Hier, nimm eine Portion Schokoladeneis und Cranachan, tausend Pfund und dann kauf dir was Schönes?«
»Ja, ungefähr so. Aber ob da tausend Pfund reichen?«, versuche ich zu scherzen. »Terry, ich fürchte, ich werde mich scheiden lassen müssen.«
Habe ich müssen gesagt? Du lieber Himmel. Nebenbei kommt mir der Gedanke, dass ganz allein ich selbst die Schuld an der jetzigen Situation trage. Ich bin die letzten zwei Jahre zu sehr mit meiner Zeitschriftenredaktion beschäftigt gewesen. Noch vor einem Jahr drohte das große Aus, der Konkurs, und ich habe alles getan, um meinen Traum am Leben zu erhalten. Möglicherweise hat Fraser sich zurückgesetzt gefühlt. Das macht mir ein schlechtes Gewissen.
Mit knappen Worten setze ich Terry ins Bild.
»Oha!« Terry lässt sich auf den Besucherstuhl vor meinem Schreibtisch fallen. »Das ist ja eindeutig! Wie dreist, einfach dein Konto zu belasten. Entweder es steckt was Harmloses dahinter oder er legt es drauf an. Ganz ehrlich? Ich habe mich ernsthaft gefragt, wann du diesem Dandy endlich den Laufpass gibst.«
»Dandy? Na, hör mal. Es könnte ja auch sein, dass es eine Falschbuchung ist«, sage ich nachdenklich. Diese Variante halte ich für am wahrscheinlichsten.
»Genauso gut wäre es möglich, dass der Typ versehentlich die falsche Karte benutzt hat. Wie auch immer, Susan, finde es heraus. Aber ich habe dir schon ein paarmal gesagt, dass dein Fraser sich auf anderen Wiesen tummelt. Überleg doch mal. Die ständigen Überstunden, angeblich kurz einberufene Meetings an Freitagen. Und der Kollege, den du bis heute nicht kennst, mit dem er öfter mal durch die Pubs zieht, wie er sagt. Als du diesen Schönling geheiratet hast, dachte ich nur: Auweia!«
»Ich war ja die letzten zwei Jahre auch mehr mit der Redaktion verheiratet, Terry.«
»Ich rede von den letzten fünf Jahren, Schätzchen.«
Das liebe ich an ihr. Sie ist direkt und kommt gleich zur Sache. Terry ist im Thema. Seit letztes Jahr Sarah, eine meiner festen Mitarbeiterinnen, meinen Bruder Rob geheiratet hat und zu ihm in sein Cottage am Loch Linnhe gezogen ist, ist das Verhältnis zu Terry etwas enger geworden. Zu Sarah habe ich zwar noch regelmäßig Kontakt, doch sie ist leider nicht mehr hier bei mir in Nottingham.
»Da bist du nicht alleine mit deiner Meinung. Rob sieht das schon lange so.«
»Wie lange?«
»Nun ja.« Ich lächle schief. »Sagen wir so: Er wollte nicht auf die Hochzeit kommen.«
»Ah, doch schon so lange.«
»Mhm, ja. Vielleicht hätte ich auf ihn hören sollen«, sage ich und falte das Papier zusammen. »Aber so ist das eben, die Liebe fällt, wohin sie will.«
»Was damals war, muss heute nicht mehr gelten, Susan. Manchmal entwickeln sich Menschen in unterschiedliche Richtungen.«
»Ja, da ist was dran.«
»Ist das eigentlich euer gemeinsames Konto?«
»Nein, er hat nur Zugriff darauf.«
»Dann ist ja klar, was du als Allererstes tun musst.« Sie sieht mich eindringlich an. »Am besten lässt du ihn jetzt gleich für dein Konto sperren. Bislang ist von deinem Konto kein solcher Betrag abgebucht worden. Richtig?«
»Äh, richtig.«
»Und du glaubst, das war das erste Mal, dass er diesen Service genutzt hat?« Das Wort Service zieht sie in die Länge wie Kaugummi.
»Hm. Es besteht immer noch die Möglichkeit einer Falschbuchung.«
»Wenn du mich fragst, hat er seine Kohle verprasst und jetzt kein Fett mehr auf der Kette.«
Unwillkürlich muss ich lachen. »Terry, deine Ausdrucksweise ist …«
»… der Situation angemessen. Ich halte mich noch zurück.«
Nachdenklich spinne ich Terrys Gedankengang weiter. »Wenn es tatsächlich so wäre … Glaubst du ernsthaft, aus dem Grund bedient er sich frech von meinem Konto? So dämlich kann er nicht sein. Nein, die Abbuchung hat einen anderen Grund, ganz sicher.«
Ich muss zugeben, Fraser hat sich die letzten Jahre zu einem Menschen entwickelt, der mir absolut fremd geworden ist. Wie bitter, sich das eingestehen zu müssen. Es ist verdammt noch mal verdammt traurig, wenn etwas zu Ende geht, was so groß und voller Hoffnung begonnen hat.
Terry zuckt mit den Schultern. »So dämlich, so dreist. Dummdreist, frech, skrupellos. Such dir was aus.«
Von draußen klopft es an die Scheibe. Die Praktikantin zeigt hektisch zu Terrys Schreibtisch und ihr Mund formt so etwas Ähnliches wie: Anruf. Wichtig.
»Ach du liebe Güte!« Terry springt auf. »Vor lauter Escortservice und Hasenpimmel hab ich fast das Gespräch mit der Möbelhauskette vergessen. Du weißt doch, sie wollen bis in den Herbst hinein in all unseren Zeitschriften Werbung schalten. Doppelseitig!«
»Dann aber schnell. Worauf wartest du noch?«
Hasenpimmel? Die Frau kommt auf Ideen.
Als sie draußen ist, greife ich nach dem Blatt Papier, lese erneut die Zeile mit der unglaublichen Summe von fast zweitausend Pfund, die eventuell mein Ehemann für einen zweifelhaften Escortservice auf den Kopf gehauen hat. Ich erinnere mich, dass er an dem Tag meinte, er würde mit seinem Kollegen Tennis spielen und anschließend in ein Pub gehen. Das ist nichts Ungewöhnliches, derartige Unternehmungen haben sich die letzten Monate gehäuft, ich habe dem nie Beachtung geschenkt. Bis jetzt.
Ich frage mich, wie lange Fraser schon fremdgeht und sich schmutzige Dienstleistungen einkauft. Denn etwas anderes kann ich mit den Namen Elise Escorts nicht verbinden. Ich bin mir nicht einmal sicher, ob ich den Namen googeln will. Nein, will ich nicht.
Und ob ich das will!
Ich merke, wie ich mir auf die Unterlippe beiße, als ich den Namen in die Suchleiste eintippe.
Treffer!
Suchen Sie eine Dame bei Tag und eine Sexgöttin bei Nacht? Versuchen Sie Elise Escorts.
Na, bitte! Ich lese weiter und stoße auf die Öffnungszeiten. Rund um die Uhr. Ist ja klar, oder? Gelegenheiten zum Seitensprung sind unter anderem Mittagspausen. Ich notiere mir die Adresse. Zwar habe ich das spontane Bedürfnis, sofort dort anzurufen, befürchte jedoch, dass ich am Telefon keine zufriedenstellende Auskunft bekommen werde.
Kurz entschlossen stopfe ich den Kontoauszug in meine Tasche und mache mich auf den Weg. Ich kenne die Gegend, es ist ein nicht besonders attraktives Gewerbegebiet am Rand von Nottingham.

Zwanzig Minuten später stehe ich am helllichten Tag im Halbdunkel eines winzigen Empfangsraumes. Schräg vor mir ein Tresen, wie er auch in billigen Hotels zu finden ist. Vor den Fenstern hängen schwere, braune Samtvorhänge, die kein Licht durchlassen.
Hinter dem Tresen sitzt eine stark geschminkte, schwarzhaarige Frau, an der alles unecht scheint. Angefangen von den gefärbten Haaren über die gemalten Augenbrauen bis hin zu den aufgespritzten Lippen. Die enormen Brüste, die in einer lächerlich unpassenden weißen Rüschenbluse stecken, sind höchstwahrscheinlich auch nicht echt. Das bläuliche Licht des Computerbildschirms, auf den sie sieht, verleiht der Szene einen schon fast morbiden Charme. Das heißt, wenn man hier überhaupt von Charme reden kann. An ihrer Bluse hängt ein Namensschild. Shania! Ich verkneife mir ein Lachen, denn ich bezweifle, dass dies ihr richtiger Name ist.
Ich hüstele vornehm in die Hand, um auf mich aufmerksam zu machen. Erst dann löst sie ihren Blick vom Computerbildschirm.
»Ja, bitte?«, fragt sie und mustert mich skeptisch. Ich schätze, Frauen tauchen hier nur selten auf, wenn sie nicht gerade gebucht werden.
»Guten Tag, ähm, Shania. Mein Name ist Waters«, stelle ich mich vor und erkläre ihr in knappen Worten, was ich will. Dann schiebe ich den Kontoauszug über den Tresen. »Es geht um den gelb markierten Betrag.«
Sie nimmt ihn entgegen, wirft einen kurzen Blick darauf.
»Ausweis bitte. Du kannst ja irgendwer sein.«
»Sie, bitte.«
»Hä?«
»Sie können ja irgendwer sein.« Genervt halte ich ihr den Ausweis hin.
»Ja, ich auch. Danke.«
Herr, lass Hirn regnen! Bei der Dame flackert aber so gar nichts mehr hinter möglichen Restbeständen von brüchigen Intelligenzfragmenten. Kurz gesagt: Dumm fickt gut. Für manche Männer ist Intelligenz bei Frauen eher libidoabtötend. Aber trifft das auch auf Fraser zu? Untiefen tun sich auf.
Sie checkt den Namen, vergleicht mit prüfendem Blick mein Gesicht mit dem Foto auf dem Ausweis und gibt ihn mir zurück.
»Wie ist der Name deines Mannes noch mal, Schätzchen?«, fragt sie nach.
»Waters, Fraser Waters. Und ich bin nicht Ihr Schätzchen!«
»Ist ja schon gut. Betrogene Ehefrauen haben wir öfter. Aber meistens stellen sich die Kerle schlauer an.« Sie wirft zum gefühlt hundertsten Mal einen Blick auf den Kontoauszug, dann wieder auf den Bildschirm. Schließlich nickt sie und sieht dabei aus, als hätte sie was gefunden.
»Ah, da ist es. Ja, Er war an diesem Tag da, dein Fraser.« Wenn du mich noch einmal duzt, erhänge ich dich im Samtvorhang! »Jetzt erinnere ich mich. Ist das so ein großer, schlanker? Blond?«
»Ja«, krächze ich und muss mich am Tresen festhalten. Die Luft hier drin ist schwer und staubig.
»Der ist ein Leckerchen. Hat zwei kleine Muttermale an der rechten Hüfte, richtig?«
Ich glaube, mir wird schlecht. Will ich wissen, woher sie das weiß?
»Ja.«
»Dann ist er das. Ja, der war die ganze Nacht hier. Hat mit Karte für sich und seinen Freund bezahlt.«
»Da war noch einer dabei?«, rutscht es mir verblüfft heraus.
»Willst du mehr Details?« Sie grinst mich süffisant an und gibt mir den Kontoauszug zurück.
»Danke, nein, die Information reicht mir.«
Und jetzt raus hier, bevor ich ihr noch in den Push-up küble.

~ Ende der Leseprobe ~


Hier geht es zum Roman

ebook taschenbuch amazon bestseller liebesroman highland


Liebe Leserin, Lieber Leser!

Ich hoffe, die Leseprobe hat dich neugierig gemacht und du hast jetzt Lust, in die wundervollen schottischen Highlands und nach Nottingham zu Susan und Sean zu reisen. Es wird romantisch. Es wird humorvoll. Und es wird äußerst spannend!

Ich freue mich sehr, wenn meine Geschichten Herzen berühren.

Und wenn Du den Roman gelesen hast, schreibe doch bitte eine kleine Bewertung auf Amazon.
Deine Meinung hilft anderen Lesern und mir als Autorin sehr.

Deine

Jo Berger Bestseller Liebesromane