„Ein Teufelsweib und ein Ire. Zwei wie Feuer und Wasser!“

Dein Happy End Roman!

 

In the Arms of an Irish Man Jo Berger

Mein Name ist Abby Broomwood, und ich habe ein Problem: Alle Männer, auf die ich mich einlasse, beißen ins Gras. Ich kann nichts dafür. Sie lieben mich, ich liebe sie – zack, tot. Der letzte vor ein paar Jahren.
Seitdem gibt es für mich explizite Regeln:
Lernst du einen Typen kennen, der dir gefällt, schnapp ihn dir.
Aber wirf ihn raus, wenn er von Liebe redet.

Das ist mein Schicksal. Verschenke ich mein Herz, verliere ich alles. Ziemlich schmerzhaft für beide Seiten, also lasse ich es. Selbst Mr. Macho Farrell wird nichts daran ändern!
Doch der Kerl lässt einfach nicht locker. Und er bekommt sogar noch Unterstützung von meiner Grandma! Ist das noch zu fassen?

Mein Name ist Kane Farrell. Inhaber einer weltweiten Fitnesskette, dynamisch, sportlich, vermögend.
In Bezug auf Frauen gilt bei mir folgender Grundsatz:
Sieht sie gut aus und ist willig? Nimm sie dir!
Aber nur für eine Nacht!
Doch dann begegne ich Abby. Eine verdammt attraktive Frau, die schonungslos sagt, was sie denkt. Unkonventionell, frech, verführerisch und provokant.
Und plötzlich scheine ich jemanden gefunden zu haben, der mir ebenbürtig ist.

Ein aufregender, humorvoller und heißer Liebesroman von Bestsellerautorin Jo Berger!

Der Roman spielt in New York und Irland.

In sich abgeschlossen und mit Happy-End-Garantie.

ps: Liebe macht alles möglich. Und sie verjährt nicht.


Liebesroman In the Arms of an Irish Man Jo Berger

Leseprobe

Die ersten 4. Kapitel

Erschienen: Ende April 2020

Taschenbuchseiten: 348


Happy End Roman – Kapitel 1
Neuerscheinung Liebesroman 2020 Abby

Es ist heiß, verdammt heiß.
Das soll im Sommer ja gelegentlich vorkommen. Leider hat mein Wagen keine Klimaanlage. Also warten wir mit heruntergelassenen Scheiben an der Tanke, bis wir endlich an der Reihe sind. Grandma neben mir hat, im Gegensatz zu mir, die Ruhe weg. Sie betrachtet sich im Handspiegel und zupft ein paar graue Haarsträhnen zurecht.
An den anderen Zapfsäulen und hinter uns haben sich lange Schlangen gebildet. Heute ist die Galone günstig, es ist Rushhour am späten Nachmittag, und natürlich herrscht ausgerechnet jetzt gähnende Leere in meinem Tank. Das ist auch der einzige Grund, warum wir an einer der immer seltener werdenden Full-Service-Tankstellen stehen. Der Sprit ist hier zwar teurer, aber im Gegenzug muss ich auch kein extra Trinkgeld mehr geben.
»Full Service, bitte«, sagt der Typ vor mir zum Tankstellen-Mitarbeiter.
Habe ich mich gerade verhört? Ordert der Kerl etwa das komplette Paket? Muss das jetzt sein? Ausgerechnet jetzt? Ich habe es eilig, zur Hölle! Und nicht nur ich!
»War ja so was von klar!« Genervt verdrehe ich die Augen und trommele ungeduldig mit den Fingern auf das Lenkrad.
»Abby, Schätzchen«, sagt Grandma. »Geduld war nie deine Stärke, hm?«
»Korrekt. Habe ich mal probiert, hat mir zu lange gedauert.«
»Früher, als du noch ein Kind warst, hattest du in solchen Situationen Spaß daran, dir den oberen Teil deines Ohrs ins Ohrloch zu stecken und zu warten, bis es rausploppt.«
»Einer meiner dunkelsten Punkte der Vergangenheit«, erwidere ich schmunzelnd. Ruth weiß, wie sie mich aufheitern kann.
»Na also, jetzt lächelst du. Ist doch gleich angenehmer, nicht wahr? Du kannst an der aktuellen Situation sowieso nichts ändern. Sieh es positiv, das Wetter ist herrlich.«
»Wenn ich irgendwo mit einem eisgekühlten Getränk sitzen würde, wäre es noch viel herrlicher«, erwidere ich. »Aber okay, immerhin sind wir gleich dran. Von sieben auf die vorletzte Position zu rutschen ist schon ein fulminanter Fortschritt.«
Ich versuche, meine Ungeduld wegzuatmen, und betrachte den Mann vor mir, der neben seinem feuerroten Cabrio steht und seelenruhig auf dem Handy herumwischt, während sein Auto vom Personal getankt und mit Öl sowie Kühlwasser versorgt wird. Wahrscheinlich lässt er sich auch noch die Scheiben reinigen, ist ja im Full Service dabei. So ein Vollidiot!
Nebenbei wird mir klar vor Augen geführt, dass mein altersschwacher, schmutziggrauer Fiesta hinter dem Angeberflitzer aussieht wie frisch vom Schrottplatz geklaut. Aber Aussehen ist nicht alles, und ich tröste mich damit, dass meine Karre immerhin eine treue Seele ist, die ich sogar selbst reparieren kann. Irgendwann werde ich mir einen Pick-up leisten, nur im Moment noch nicht, aus verschiedenen Gründen. Unter anderem, weil die Dinger Spritfresser sind.
Okay, durchatmen. Ruth hat ja recht. Change it, leave it or love it. Etwas anderes bleibt mir nicht übrig, aber das love it fällt todsicher aus.
Hat der Kerl vor mir allen Ernstes ein babyblaues Shirt an? Also bitte. Er hätte gut rüberkommen können, so richtig gut mit seinem trainierten Body. Aber dieses Shirt …?
Wie auch immer, bestimmt ist er irgendein Chef, zumindest sieht er wie einer aus. Typ stinkreicher Macho, dem ein Steak und Espresso nicht genug sind. Dunkle, leicht lockige, kurze Haare, stonewashed Jeans. Seine gelassene Ausstrahlung gefällt mir allerdings. Seine Augen irgendwie auch. Und seine kräftigen Hände.
Plötzlich steckt er sein Handy weg, blickt auf – und mir direkt in die Augen. Dabei zieht er eine Augenbraue hoch und lächelt süffisant.
Unwillkürlich schnappe ich nach Luft. Hat er etwa gemerkt, dass ich ihn beobachte?
Ich bin ja eher nicht der Typ Frau, der auf den Mund gefallen ist oder sonst irgendwie hilflos rumeiert. Jedenfalls bilde ich mir das ein. Doch in diesem Moment fühle ich mich ertappt. Irritiert weiche ich seinem durchdringenden Blick aus – und stelle nebenbei fest: Der fleißige Tankstellen-Mitarbeiter ist jetzt tatsächlich dabei, die Scheiben zu säubern!
Ohne nachzudenken steige ich aus, schnaube und knalle die Tür zu.
»Hören Sie«, spreche ich Mr. Weltmännisch an. »Wollen Sie vielleicht auch noch den Reifendruck und die Sicherungen prüfen lassen?! Dann wäre es nett, wenn Sie mir und den anderen, die schon ewig warten, Bescheid sagen, dann könnten wir uns Pizza kommen lassen.«
Anstatt sich zu entschuldigen und zu beeilen, sieht er mich nur knochentrocken an. Unverschämtheit!
»Ich schätze, der Druck ist in Ordnung, zumindest der meiner Reifen. Bei Ihrem bin ich mir nicht so sicher.«
»Bitte?!« Ist der frech, oder was?
»Was ich meine, ist: Sie sollten vielleicht etwas Druck abbauen, Lady.«
Der greift mich verbal an? Kann er haben! Ich recke das Kinn und verschränke die Arme.
»Hat Ihnen eigentlich schon mal jemand gesagt, dass Hellblau keine Farbe für echte Männer ist? War es nie und wird es nie sein. Haben Sie mal Vin Diesel, Machete oder Captain Jack Sparrow in Hellblau gesehen? Nein! Ganz genau. Da hilft auch kein schickes rotes Cabrio mehr. Ein richtiger Mann rettet die Welt im blutverschmierten schwarzen, höchstens noch in einem weißen oder olivfarbenen Tanktop – niemals in Hellblau.«
»Wer zur Hölle will die Welt retten?«
»Na, Sie sicher nicht!«, blaffe ich ihn an.
So bin ich. Wenn ich mich aufrege, sprudelt es aus mir heraus, im positiven wie auch im negativen Sinn, ob es gerade passt oder nicht.
Der lackaffige Cabriofahrer sieht mich überrascht an, den Mund leicht geöffnet, die Augenbrauen hochgezogen. Offenbar sucht er nach dem Wind, den ich ihm aus den Segeln genommen habe. Kann ich verstehen. Wenn ich könnte, würde ich mich ebenso ansehen. Aber mal ehrlich … Das hat der Typ in dem unmännlichen Outfit verdient. Wer bitte schön verlangt einen Full Service in New Yorks Sommerhitze, wenn die Autos Schlange stehen, wenn nicht ein aufgeblasener Wichtigtuer? Da fällt mir ein, dass ich ihm genau das sagen muss. Und zwar bevor sich noch eine Fliege in seinen offen stehenden Mund verirrt.
»Mister?« Der Tankstellenmitarbeiter grätscht dazwischen. Schade eigentlich, ich war gerade so schön in Fahrt. »Der Wagen ist fertig. Soll ich noch den Reifendruck prüfen?«
Ich verenge die Lider. Wehe, Freundchen!
»Nicht nötig, also bei mir nicht«, sagt er lässig und lächelt mich anschließend amüsiert an. »Liegt Ihnen noch mehr auf dem Herzen, Miss …?«
Hinter uns hupt es. Ein kurzer Blick über die Schulter verrät mir, dass die Schlange hinter meinem Wagen länger wird und es außer mir ein paar mehr Menschen gibt, die es eilig haben. Sozusagen alle in dieser Reihe. Bis auf den überheblichen Kerl mit dem Cabrio.
Ich deute mit dem Daumen hinter mich auf den Pick-up, in dem ein bärtiger Mann sitzt und fast schon schäumt vor Wut.
»Nun ja, ich möchte Sie ja nicht mit Details langweilen, aber …« Verdammt, wieso drehe ich gerade eine Haarlocke zwischen den Fingern? Bin ich bescheuert? Schnell lege ich meine Hand auf das Autodach und funkele ihn an. »Vielleicht haben Sie bemerkt, dass dies nicht die beste Zeit zum Plaudern ist. Außer natürlich, Sie fahren darauf ab, demnächst erschossen, ersäuft oder erstochen zu werden. Aber blutrot und hellblau passen bestimmt ganz hübsch zusammen.«
Grinsend deutet er mit den Zeigefingern auf seinen Körper. »Wäre schade um das schöne Blau und das, was drinsteckt, meinen Sie nicht?« In der Folge hebt er die Hand und ruft an mir vorbei: »Bin schon weg!«
»Wird aber auch Zeit«, zische ich, setze mich hinters Steuer und lasse den Motor an.
Immer noch bin ich aufgebracht. Gleichzeitig ärgere ich mich, dass ich so aufgebracht bin.
Der Kerl ist ja ganz schön von sich und seiner vermeintlichen Wirkung auf Frauen überzeugt. Mag sein, dass er gut aussieht, aber das tun viele tolle Typen auf Titelseiten von Hochglanzmagazinen oder auf Kinoplakaten ebenso. Und beim Training begegne ich regelmäßig heißen Kerlen, aber deswegen reißen sie mich noch lange nicht vom Hocker. Schon gar nicht, wenn sie im hellblauen Hemdchen daherkommen.
Hinter mir brüllt der Holzfäller: »Mach hin, Süße!«
Genervt stoße ich hervor: »Ja ja, ich mach ja schon.«
Langsam lasse ich den Wagen vorrollen und küsse fast den Arsch des roten Cabrios, bevor es endlich losfährt.
Ruth kichert.
»Was!?«
»Das war aber ein netter junger Mann.« Sie zwinkert mir bedeutsam zu.
Ich lache auf und betätige den Hebel für den Tankdeckel. Der klemmt, wie immer. Nach dem dritten Versuch klackt es. Gott sei Dank! Ich muss das dringend reparieren, vergesse es aber jedes Mal.
»Grandma! Das war ein Vollidiot in Hellblau!«
»Aber ein sehr attraktiver, will ich meinen.«
Ich steige aus, lasse den Wagen volltanken und starre dem roten Cabrio hinterher.
Der Kerl war unmöglich, überheblich und total selbstgefällig. Und trotzdem kribbelt es in meinem Magen. Ich wittere Gefahr!
Stopp: Falle!
Hier greift meine absolute und unumstößliche Grundregel: Sobald dir ein Typ auf den ersten Blick gefällt – Finger weg! Das geht nie gut aus! Insbesondere bei mir nicht, denn bei den Broomwoodfrauen enden Beziehungen tödlich. Für Männer, wohlgemerkt.


Happy End Roman – Kapitel 2

Neuerscheinung Liebesroman 2020 Irish man

Am nächsten Morgen sitze ich mit Robin in meinem Büro und er erzählt mir etwas von den aktuellen Aktienkursen. Seit vielen Jahren ist er mein Ratgeber in Sachen Börsengeschäften – und mein bester Freund.
Ich höre nur halb zu, denn mir geht das Biest von der Tankstelle immer noch nicht aus dem Kopf. Was für ein Teufelsweib! Ob sie weiß, wie verdammt sexy sie wirkt, wenn sie einen Mann aus ihren smaragdgrünen Augen anfunkelt? Wer hätte gedacht, dass man ausgerechnet zur Rushhour an einer gewöhnlichen Tankstelle einem erotischen Vollweib begegnet?
Das schwarze, eng anliegende Shirt und die viel zu großen Jeans, die ein breiter Gürtel auf den Hüften gehalten hat, passen perfekt zu ihr. Und ihre kräftigen, wilden Locken sind eine Wucht. Sie hatte sie zu einem lockeren Knoten hochgebunden, einzelne Strähnen waren herausgerutscht, und es wirkte, als ob das Haarband die Masse kaum halten könnte. Dazu wohlgeformte Hüften, eine schmale Taille und Brüste, die nicht zu groß, aber auch nicht zu klein waren und sich unter dem engen Shirt deutlich abzeichneten. Eine durchaus reizvolle Mischung.
Es muss nicht immer das hautenge Kleid sein, das die Reize einer Frau hervorhebt, denn jede wirkt in dem Outfit attraktiv, das ihr entspricht.
Obwohl ich eher nicht auf diese direkte und etwas gewöhnliche Sorte Frau abfahre, würde ich eine Nacht mit ihr nicht ablehnen. Ich wäre kein Mann, wenn ich solchen Reizen widerstehen könnte. Andererseits ist ihre kämpferische Art schon reizvoll und könnte Potenzial für exzessiven Versöhnungssex bieten.
Kein Zweifel, dieses nassforsche Weib hat mich amüsiert. Und sie hat mich mit ihrer ungehobelten und einfachen Art neugierig gemacht. Das gelingt nicht jeder. Nur die echten, authentischen schaffen es auf meine Liste für eine Nacht oder zwei. In Bezug auf Frauen bin ich vielleicht ein Arschloch, mag sein, aber es gefällt mir so, wie es ist. Mein Erfolg bei der Damenwelt gibt mir recht. Warum also sollte ich das ändern?
Das hellblaue Shirt habe ich noch gestern in die Altkleidersammlung gegeben.
»Kane? Bist du beim Thema?«
Und wie – allerdings bei einem völlig anderen.
»Sicher doch.« Ich räuspere mich. »Ich denke, wir sind für heute fertig.«
Er kennt mich besser als ich mich selbst, und meistens trifft er ins Schwarze.
Die letzten zwei Stunden sind wir damit beschäftigt gewesen, die Pläne des Neubaus eines weiteren Studios in New Haven, Connecticut, zu besprechen und meine Aktiendepots durchzugehen, um eine Kauf- und Verkaufsstrategie für die nächste Woche festzulegen. Als Gründer und CEO der Fitnesskette Kanes World hätte ich diese Einnahmequelle zwar nicht nötig, doch dieses Spiel mit Aktien und Optionsscheinen und das damit verbundene Risiko geben mir einen Kick, der fast besser ist als Sex. Insbesondere dann, wenn ich das eingesetzte Geld innerhalb einer Woche verdreifachen kann. Und ich setze niemals wenig, unter fünfzigtausend Dollar lohnt sich der Einsatz nicht.
»Mit welcher Wahrscheinlichkeit wirst du eigentlich mit der Gewinnerin deiner Kanes-World-Geburtstagsaktion heute Abend im Bett landen? Sagen wir, auf einer Skala von 1 bis 10«, will Robin wissen und zwinkert mir zu, während wir die Unterlagen zusammenräumen.
Gemeinsam verlassen wir mein Büro, das mit einem separaten Eingang auf gleicher Ebene meines New Yorker Fitnessstudios liegt, und gehen Richtung Fahrstuhl.
»Irgendwo zwischen minus eins und minus unendlich«, antworte ich und lasse ihm den Vortritt. Er meint nicht dieses Teufelsweib von der Tankstelle, von ihr habe ich nichts erzählt. Er meint die Frau, die leider Gottes Mitglied im Studio ist und das große Los gezogen hat. Sie darf mit dem Inhaber von Kanes World ins Theater gehen, weil es ihr Geburtstag ist. »Cathrin ist verheiratet. Aber auch sonst würde ich sie nur mit der Kneifzange anfassen.«
Mir bleiben gute zwei Stunden, um zu duschen und mich für einen dem Anlass entsprechenden Anzug zu entscheiden, bevor ich den Abend auf eine Weise verbringen werde, die sonst eher nicht in meine bevorzugten Freizeitbeschäftigungen fällt.
»Also kein Sex heute für Kane Farrell. Nun ja, selbst schuld, warum lässt du dir auch solche dämlichen Aktionen einfallen.«
Die Fahrstuhltür schließt sich. Ich werfe Robin einen vernichtenden Blick zu. »Das nennt man Kundenbindung. Außerdem mache ich das schon seit über sechs Jahren, zweimal im Jahr. Ich werde es überleben.«
»Wie sieht sie aus?«, lässt er nicht locker.
Ich verdrehe die Augen. »Mitte dreißig, blond, gepflegt, supersportlich … und supernervig. Sobald sie den Mund aufmacht und das Sprechen anfängt, hast du das Gefühl, eine Gabel kratzt dir die Hirnhöhle blank.«
Er klopft mir mit mitleidiger Miene auf die Schulter. »Ihr geht in ein Musical. Du wirst nicht viel reden müssen.«
Ich lehne mich gegen den kühlen Stahl der Fahrstuhlwand und stöhne auf. »Ändert nichts an der Tatsache, mich bei über dreißig Grad Außentemperatur in einen Designeranzug zwängen zu müssen.«
Zum Glück sind es von meinem Penthouse an der Upper Westside nach Midtown Manhattan zum Majestic Theatre nur maximal zwanzig Minuten mit dem Taxi. Ich habe also genügend Zeit, mich mental auf einen mühseligen Abend einzustellen.
Endlich sind wir unten angekommen.
»Musst du sie abholen?«, fragt er, als wir in die Sommerhitze hinaustreten.
»Das bleibt mir erspart. Ihr Mann bringt sie und holt sie auch wieder ab, wenn ich es richtig verstanden habe.«
»Ah, der Aufpasser.«
Ich zucke mit den Schultern und wünschte, es wäre bereits Mitternacht und der Abend läge hinter mir. »Wie auch immer. Bis dann, Robin.«
Wir verabschieden uns, ich steige in mein Cabrio und mache mich auf den Weg nach Hause. Erst vor drei Jahren habe ich mir das Luxusapartment am Riverside Park gekauft. Davor hatte ich eine Wohnung in der Nähe zum Times Square. Doch dort war es mir viel zu touristisch. Der Trubel rund um die Uhr hat mich kaum Luft holen lassen. Dafür ist die Wohnung vergleichsweise günstig gewesen. Doch schon in der ersten Woche wusste ich, dass sie nichts für mich ist, und bin auf die Suche gegangen – und fündig geworden. Es hat nur ein bisschen länger gedauert als erwartet. An der Upper Westside fühle ich mich zu Hause. Es ist ruhiger, es gibt weniger Clubs und Bars, dafür jede Menge gemütliche Cafés und exquisite Restaurants. Und sie liegt in unmittelbarer Nähe des Central Parks, in dem ich öfter mal meine Joggingrunden drehe. Eigentlich stünde heute so eine Runde auf dem Plan.
Seufzend fahre ich in die Tiefgarage. Ich werde diesen Abend irgendwie überstehen.

Keine anderthalb Stunden später nehme ich meinen Platz neben Cathrin in der Loge ein, die ich für diesen Zweck lange im Voraus gebucht habe.
»Du siehst gut aus«, sage ich ehrlich. Ich kenne Cathrin nur in Sportkleidung vom Studio. Jetzt trägt sie eine kunstvolle Hochsteckfrisur und ist perfekt geschminkt. Ihre sonst schmalen, dunkelroten Lippen wirken durch den Lippenstift ein wenig voller. Das Collier um ihren Hals glitzert mit der Saalbeleuchtung um die Wette und ist bestimmt ein Vermögen wert. Abgerundet wird ihre edle Erscheinung durch ein glänzend schwarzes Abendkleid, schwarze High Heels und eine paillettenbesetzte Clutch. Optisch passen wir wunderbar zusammen, denn ich habe mich in letzter Minute gegen den dunkelblauen Anzug entschieden und den klassisch schwarzen gewählt.
Trotzdem wirkt ihre gesamte – zugegebenermaßen exklusive und edle – Erscheinung gekünstelt, so als würde sie sich verkleiden.
»Ach, wie wunderbar, mit dir hier zu sein, Kane!«, flötet Cathrin und legt sich ihre Clutch auf den Schoß. »Ach Gott, was freue ich mich, dass ausgerechnet ich das Geburtstagspaket gewonnen habe! Du ahnst ja gar nicht, wie sehr ich mir diesen Abend mit dir … ich meine diesen Abend in diesem traditionellen Theater gewünscht habe. Mein Mann ist ja für Kultur nicht zu begeistern, schon gar nicht für Musicals! Ganz im Gegensatz zu mir. Wahnsinn! Einfach nur Wahnsinn! Das Phantom der Oper … Weißt du, dass ich es noch nie gesehen habe?« Sie strahlt mich an, schlägt ein Bein über, der Schlitz ihres Abendkleides öffnet sich weit und gibt einen Blick auf ein spitzenbesetztes Strumpfband frei.
Ich atme die hochschießende Erregung gentlemanlike weg – schließlich bin ich auch nur ein Mann – und lächle milde. »Nein, weiß ich nicht.«
Insgeheim bete ich, dass der Vorhang endlich aufgeht. Selbst das schärfste Frauenbein der Welt übertrifft nicht den gegenwärtigen Cathrin-Nervfaktor.
Plötzlich sehe ich unter uns eine Frau, die mir irgendwie bekannt vorkommt. Ich beuge mich etwas vor. Ist sie es? Nein, das kann nicht sein, wahrscheinlich nur eine Ähnlichkeit. Eine Frau wie sie passt nicht in diese gehobene Umgebung.
»Hast du jemanden gesehen, den du kennst, Kane?« Cathrins Stimme kratzt in meinen Ohren.
»Ja, nein, ich dachte, aber es ist wohl nur eine Ähnlichkeit.«
»Eine Frau?«
»Ist das wichtig?«
Die Antwort bleibt mir erspart, denn das Licht wird gedämmt, der Vorhang geht auf – und Cathrin nimmt meine Hand.


Happy End Roman – Kapitel 3

Neuerscheinung Liebesroman 2020 AbbyPause! Endlich! Ich hasse Theaterbesuche, aber das würde ich meiner Grandma niemals sagen.
Obwohl ich das Majestic Theatre am Broadway mit seiner pompösen Aufmachung beeindruckend finde, ist es nicht meine Welt. Man muss sich fein anziehen und sich im Flüsterton unterhalten. Ich bin es gewohnt, in alltagstauglicher Kleidung herumzulaufen und die in der Regel lauten Geräusche einer Autowerkstatt zu überbrüllen, damit mich mein Chef oder meine Kollegen hören, wenn ich etwas brauche oder eine Frage habe.
Ganz zu schweigen von einem traumatischen Kindheitserlebnis: Ich war neun Jahre alt, größer als andere Mädchen, absolut unsportlich und hatte viel zu viel auf den Rippen. Dann kam der Tag, der mein Schicksal bezüglich künftiger Theaterbesuche besiegeln sollte. Wir durften in einem Theater bei dem Stück Zauberflöte jeder eine Statistenrolle übernehmen. Wir zogen Zettel, wer welche Rolle bekam. Die Klassenzicke Jane, damals schon eine Schönheit und die Anführerin einer Mädchenclique, zog das »Wasser« und bekam ein wunderschönes blaues Tuch, mit dem sie am Ende des Stücks über die Bühne schweben sollte. Das hörte sich fantastisch an, und ich war neugierig, welche Rolle ich spielen durfte. Hastig faltete ich meinen Zettel auf – und erstarrte. Krähe! Krähe? Ernsthaft? Man gab mir ein schwarzes Kostüm, einen hässlichen Vogelkopf und die Anweisung, auf Handzeichen um Tamino herumzuhüpfen und dreimal zu krähen. Keine Frage, dass ich damals zum Gespött der Schule wurde. Diese erste große Enttäuschung meines Lebens hat mich wohl für alle Zeiten geprägt.
Dementsprechend unwohl fühle ich mich in dieser Umgebung. Doch Grandma zuliebe lasse ich mir nichts anmerken. Sie hat sich für diesen Anlass bei der Kosmetikerin die Haut peelen und pflegen lassen, war beim Friseur und hat sich anschließend stundenlang zurechtgemacht. Wie jedes Jahr. Dieser Abend ist ihr Abend.
Einmal im Jahr gehe ich mit ihr ins Theater. An Opas Todestag. Als er noch lebte, haben Grandma und er regelmäßig kulturelle Veranstaltungen besucht. Heute ist Grandmas Wahl: das Phantom der Oper.
Die Zeit bis zur Pause ist mir ewig erschienen.
Jetzt stehen wir jeder mit einem Champagnerglas im Foyer und ich zupfe etwas nervös an meinem grünen Kleid herum. Erst diese Woche habe ich es in einer Boutique gekauft, weil ich die letzten Jahre immer das gleiche schwarze Abendkleid getragen habe. Ich hatte es im Ausverkauf erstanden, und mittlerweile ist der Reißverschluss mehrmals ausgerissen und auf dem Stoff bilden sich kleine Flusen. Letztes Jahr musste ich es sogar mit einer Sicherheitsnadel am Rücken zusammenhalten. Ruth bestand darauf, dass ich mir ein neues kaufe. Sie hat mir sogar Geld geben wollen, doch das habe ich abgelehnt. Sie gibt sowieso viel zu freizügig ihr Geld her, zum Beispiel an diverse Spendenorganisationen, als die magere Witwenrente es ihr erlauben würde.
Das Kleid ist für meine Verhältnisse viel zu teuer gewesen, aber nach drei Stunden Shoppingmarathon, unpassenden Kleidern und miesem Licht in Umkleidekabinen konnte ich irgendwann nicht mehr. Und als die Verkäuferin sagte: »Das Kleid hat das strahlende Grün Ihrer Augen«, war ich überredet. Natürlich hoffe ich, es ist seinen Preis wert und hält die nächsten Jahre.
Ich grinse bei dem Gedanken, meine Kollegen würden mich in der Aufmachung sehen. Nun, vielleicht sollte ich mal anders als in ölverschmierter Latzhose und Shirt zur Arbeit erscheinen? Ich könnte wetten, dass ich nicht mehr durch die Werkstatt brüllen muss, weil alle um mich herumstehen, während ich unter einem Wagen liege und den Boden unter die Lupe nehme. Tja, und mein Chef hätte wahrscheinlich endlich einen Grund, mich zu feuern.
»Schätzchen, hältst du den Champagner warm oder möchtest du mit mir auf diesen fulminanten Abend anstoßen?«
»Verzeih, Grandma.« Ich hebe das Glas und lächle ihr zu. »Auf einen wunderbaren Abend. Opa sieht uns jetzt bestimmt zu.«
»Ach was!« Grandma zwinkert. »Der alte Sack hat es immer gehasst, mit mir in Musicals zu gehen, aber ich habe darauf bestanden. Wenn er was macht, dann wischt er sich in diesem Moment über die Stirn und ist erleichtert, dass er nicht an deiner Stelle sein muss.«
Verblüfft sehe ich zu ihr hinunter, sie geht mir nur bis zu den Schultern. »Das wusste ich ja gar nicht.«
»Du weißt vieles nicht, Liebes.« Sie setzt das Glas an ihre roten Lippen.
Ruth ist der Inbegriff einer Grande Dame – auch wenn sie beinahe am Existenzminimum leben muss. Es hat auch mal bessere Zeiten gegeben. Heute trägt sie ein paillettenbesetztes, schwarzes Cocktailkleid mit einem schwarzen Chiffonoberteil darüber. Der lange V-Ausschnitt streckt ihre mollige Figur und kaschiert die ausladende Oberweite. Als Schmuck trägt sie eine dezente Langkette in Silber, ihre fast weißen Haare sind zu einer kunstvollen Hochsteckfrisur arrangiert. Sie wirkt festlich und elegant, aber nicht auffällig. Also nicht so auffällig wie ich. Anscheinend bin ich die einzige Frau hier, die kein schwarzes Kleid trägt. Daran habe ich natürlich nicht gedacht. Gib mir Jeans, Shirt und Chucks, dann fühle ich mich wohl. Okay, meine Trainingsklamotten gehören auch zum Wohlfühl-Outfit. Abendkleider jedoch dienen höchstens als Mottenfänger.
Ruth dagegen trägt ausschließlich Kleider.
»Grandma?«
»Hm?«
»Wieso trägst du eigentlich niemals Hosen?«
»Das ist ganz einfach.« Sie nippt am Sekt. »Hosen sind eine Bestrafung für Beine. Dein Grandpa hat immer gesagt, ich hätte wunderschöne Beine und …«
»Da hatte er recht, deine Beine sind toll.«
»Ja, genauso wie deine – wir Broomwoodfrauen haben alle schöne Beine. Also zeig sie, Kindchen, und verstecke sie nicht immer unter Männerhosen.«
»Das sind Jeans.«
»Männerhosen, sag ich doch. Aber um deine Frage umfassend zu beantworten: Hast du etwas, was dir an dir selbst gefällt, setze es in Szene. Und zwar nicht, um auf andere zu wirken, sondern um dich in deiner Haut wohlzufühlen. Hast du einen einzigen Tag erlebt, an dem ich nicht ein Kleid oder einen Rock und meinen roten Lippenstift trage?«
Stirnrunzelnd sehe ich sie an. »Stimmt, jetzt wo du es sagst.«
»Und meine Spitzenunterw…«
Ich hebe die Hand und schüttele lachend den Kopf. »Stopp. Zu viel Information, Grandma!«
»Verstehe. Aber weißt du, sobald du etwas trägst, was dir entspricht, spiegelt sich das in deiner Haltung wider und bringt deine Persönlichkeit perfekt zur Geltung.«
Ich zucke mit den Schultern und grinse. »Ist doch prima, dann kann ich ja weiterhin Jeans tragen.«
Ruth lacht. »Du bist unverbesserlich, Abby. Ja, wahrscheinlich hast du recht, diese Männerhosen entsprechen dir. Du bist schon richtig so, wie du bist. Das Kleid steht dir im Übrigen ausgesprochen gut.«
»Danke. Können wir das Thema wechseln?«
»Sicher doch. Wie hat dir der erste Part gefallen?«
Gerade noch so beherrsche ich mich, die Backen nicht aufzublasen. »Gut, ganz gut.«
»Du schwindelst. In Wahrheit findest du es furchtbar. Kann ich verstehen. Es ist nicht jedermanns Sache, einem Non-Stop-Musical beizuwohnen. Mir selbst ist es auch ein bisschen zu viel. Da hat mir Les Misérables letztes Jahr besser gefallen.«
Mir entweicht ein erleichterter Seufzer. »Ich fand West Side Story toll.«
»Ja, die ging so ans Herz. Ach, guck mal da …« Sie sieht an mir vorbei. »Den haben wir doch gestern gesehen, wenn ich mich nicht irre.«
Im nächsten Moment stellt sie ihr Glas auf einem der Stehtische ab und steuert ein Pärchen an.
Moment mal, ist das nicht Mister Hellblau? Und was zur Hölle hat Ruth vor?


Happy End Roman – Kapitel 4

Neuerscheinung Liebesroman 2020 Irish man

Die Hälfte wäre geschafft. Ich bin heilfroh, dass Cathrin nach dem Theater von ihrem Mann abgeholt wird. Das passt ihr zwar gar nicht, wie sie mir gerade mitgeteilt hat, aber er wäre so schrecklich eifersüchtig, das könne sie gar nicht verstehen.
»Schöne Frauen hat man nie für sich alleine«, bringe ich einen abgedroschenen Spruch und könnte mir gleichzeitig für diesen dämlichen Ausrutscher eine verpassen.
Wie erwartet nimmt sie meine Worte für bare Münze, tritt nah an mich heran, stellt sich auf die Zehenspitzen und haucht mir mit ihrer piepsigen Stimme ins Ohr: »Wir können gerne mal einen Kaffee zusammen trinken gehen. Ich kenne da ein romantisches …«
»Cathrin …« Ich schiebe sie sanft von mir weg und bemühe mich, ein falsches Lächeln aufzusetzen. Sie ist eine meiner Kundinnen, eine sehr gut zahlende zudem, und langjähriges Mitglied. Würde ich sie auch nur im Ansatz etwas grober anfahren, würde sich das herumsprechen und meinem Ruf schaden. »Tut mir wirklich leid, aber ich bin ein anständiger Mann, und einer meiner Grundsätze ist es, niemals etwas mit verheirateten Frauen anzufangen.«
»Auch nicht, wenn die Frau unbefriedigt und traurig ist?« Sie senkt den Kopf und präsentiert mir einen rehgleichen Augenaufschlag, der bei vielen Männern sicherlich nicht die beabsichtigte Wirkung verfehlt. »Und auch dann nicht, wenn sich die Frau schon bald scheiden lassen will?«
»Liebste Cathrin, ich …« Weiter komme ich nicht. Im nächsten Moment steht eine ältere Dame vor uns.
»Verzeihung, Mister. Sind Sie nicht der nette junge Mann mit dem roten Cabrio?«
Ich kenne die Frau nicht, aber ich könnte sie küssen, hat sie mich doch aus einer mehr als unangenehmen Situation gerettet.
»Ja, ich besitze einen roten Sportwagen«, antworte ich höflich. »Aber ich kann mich nicht erinnern, dass wir uns schon einmal begegnet sind, Mrs. …?«
»Broomwood. Und Sie sind?«
»Farrell. Kane Farrell. Was kann ich denn für Sie tun, Mrs. Broomwood?«
»Trinken Sie und Ihre Gattin doch ein Gläschen Prickelwasser mit mir und meiner Enkelin, solange noch Pause ist. Ich lerne gerne interessante Menschen kennen. Sagen Sie, haben Sie irische Verwandte?«
»Kane?« Cathrin zupft mich am Ärmel. »Wer ist die Frau?«
Statt meiner antwortet die alte Dame. »Ruth Broomwood, freut mich, Sie kennenzulernen. Und Sie sind?«
»Cathrin. Aber …«
»Das ist fein. Hallo, Cathrin. Sie müssen wissen, meine Enkelin und ich haben Ihren Gatten …«
»Sie ist nicht meine Gattin«, platzt es aus mir heraus. Zugleich bemerke ich, wie Cathrin die sowieso schon schmalen Lippen zusammenkneift. Ich genehmige mir darauf einen Schluck Champagner.
Mrs. Broomwood winkt lachend ab. »Wie auch immer, Sie sind zusammen hier. Nun, liebe Cathrin, meine Enkelin und ich – also eher meine Enkelin hatte gestern einen kurzen verbalen Zusammenstoß mit Mister Farrell. An der Tankstelle.«
Ich verschlucke mich am Getränk und muss husten. Hastig stelle ich das Glas ab.
»Verzeihung, das war Ihre Enkelin?«
»Nein.«
»Nein?«
»Sie ist es noch.« Mrs. Broomwood dreht sich um und winkt einer sehr attraktiven Lady in einem fantastischen grünen Abendkleid zu. »Abby, komm rüber zu uns.«
Cathrins Blick schießt ebenfalls zu der atemberaubenden Schönheit, die nur zwei Stehtische von uns entfernt steht und skeptisch zu uns herübersieht.
Gut so, denn jetzt nimmt Cathrin keinerlei Notiz mehr von mir, und das gibt mir mehr Zeit, meine Überraschung für mich zu behalten.
Sie ist es! Das Teufelsweib von der Tankstelle.
Schlagartig wird meine Kehle trocken. Diese Frau hat eine unglaubliche Wandlung hingelegt. Gestern war sie ein unverblümtes, freches und leicht ordinäres Biest im Casual-Look, heute eine faszinierende Venus mit einem Charisma zum Dahinschmelzen.
In diesem Augenblick sieht sie mich direkt an! Unsere Blicke treffen sich. Nur kurz, doch der Spott in ihren Augen ist nicht zu übersehen. Die Art, wie sie mich mustert, geht mir durch und durch. In ihren unglaublich grünen Augen steht definitiv eines geschrieben: Ach, sieh an, der Schnösel von der Tankstelle.
Dann setzt sie sich in Bewegung, langsam und elegant. Ihre Hüften wiegen sich nur leicht, nicht übertrieben wie bei Cathrin. Ihre Haltung ist aufrecht und drückt eine enorme Portion gesunder Selbstsicherheit aus.
Mein Beruf bringt es mit sich, mit vielen Menschen zu tun zu haben, so konnte ich mir im Lauf der Zeit einen Blick für Menschen aneignen und weiß, dass Ausstrahlung sehr viel mit der inneren Einstellung zu tun hat. Meine Devise ist: Zeig mir, wie du gehst, und ich sage dir, wie du bist. Die Körpersprache verrät unglaublich viel von uns. Und diese Abby ist echt, da ist nichts gespielt oder übertrieben in Szene gesetzt.
Ihr Lächeln ist sexy – verdammt sexy. Diese Frau ist eine Herausforderung, die ich nur zu gerne annehme. Bleibt die Frage offen, ob sie die Aufforderung zu einem emotionalen Duell annimmt. Und natürlich – ob es überhaupt dazu kommt. Aber ich wäre nicht Kane Farrell, wenn es eine Frau auf der Welt gäbe, die eine solche Challenge mit mir ablehnen würde.
»Kane?« Unsanft reißt sich Cathrin von dem hinreißenden Anblick Abbys los. »Lass uns zu unseren Plätzen gehen, ja?«
Damit hat sie es sich endgültig bei mir verscherzt. Es fällt mir schwer, ihr etwas Netteres als ein sparsames Lächeln anzubieten.
»Wenn du magst, gehe gerne schon mal vor, liebste Cathrin. Ich möchte noch meinen Champagner trinken.«
Und das Teufelsweib kennenlernen!
Durch Cathrins Körper geht ein kaum sichtbarer Ruck. »Dann bleibe ich auch!«, spuckt sie die Worte wie bittere Galle aus.
Klarer Fall, sie ist eifersüchtig. Woher nimmt sie nur diesen Besitzanspruch?
Egal, Abby ist bei uns angekommen. In einer Hand hält sie eine schlichte, schwarze Clutch, in der anderen Hand ein Glas, halb gefüllt mit Champagner.
Distinguiert nickt sie uns zu. »Guten Abend, ich bin Abby Broomwood. Verzeihen Sie bitte den Hang meiner Grandma, mit Vorliebe interessante Menschen kennenzulernen.«
Ich deute eine Verbeugung an. »Kane Farrell, sehr angenehm, Miss Broomwood. Ihre Grandma ist ganz bezaubernd, wenn ich das sagen darf, und ich freue mich, Ihre Bekanntschaft zu machen.«
Cathrin tritt dicht neben mich. »Wir freuen uns. Guten Abend, ich bin Cathrin, die …«
»Eine Kundin von mir. Sie feiert heute Geburtstag und war die Glückliche, die das Gewinnerlos zog, das meine Firma zweimal im Jahr vergibt.«
»Interessant«, erwidert Abby. »Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag, Cathrin.«
»Herzlichen Glückwunsch auch von mir«, sagt Abbys Grandma und wendet sich in der Folge an mich. »Ihre Firma lost Theaterbesuche aus?«
Ich lächle. »Ja, mal Theater, mal Konzert oder ein exquisites Essen. Wir versuchen, Abwechslung hineinzubringen.«
»Und Sie sind der Inhaber?«
»Der bin ich.«
»Und ein Ire, wenn ich richtig tippe«, kommt sie auf ihre Frage von vorhin zurück.
»Volltreffer. Sie haben eine gute Menschenkenntnis, Mrs. Broomwood.«
Small Talk ist mir noch nie so schwergefallen. Abbys Gegenwart erregt mich auf eine sehr kribbelnde Weise. Der Drang, allein mit dieser Frau zu sprechen, ist fast übermächtig.
»Die hat sie tatsächlich.« Abby sieht mich immer noch unverwandt an. Und nach wie vor ist da dieser leicht spöttische Ausdruck in ihren Augen. »Aber das war nicht schwer zu erraten, oder? Sie haben einen irischen Nachnamen. Und wie ich sehe, besitzen Sie auch andere Farben als hellblau. Das ist fein.«
Cathrin schnaubt in ihr Sektglas. Abbys Grandma schüttelt mit einem amüsierten Zug um die Mundwinkel den Kopf.
Und Abby kann von Glück reden, dass ich mich in dieser Umgebung nicht vergessen werde. An fast jedem anderen Ort hätte ich sie wegen dieser offensichtlichen Provokation an mich gezogen und geküsst. Danach kann man immer noch reden.
»Sie mögen kein hellblau?« Cathrin grätscht in unser Gespräch. Das stört mich, lässt sich aber leider nicht verhindern.
Abby lächelt sie zuckersüß an, doch in ihren Augen glimmt Kampflust. Das gefällt mir ausnehmend gut.
»Durchaus, es ist eine schöne Farbe. Auf Häuserwänden, einer hübschen Bluse, als Augenfarbe. Sie ist jedoch meiner Meinung nach keine Farbe für eine erwachsene männliche Person, wie ich bereits gestern erwähnte.«
Amüsiert proste ich ihr zu und trinke einen Schluck. »O ja, ich erinnere mich mehr als deutlich.« Und was macht sie? Sie ignoriert mich und macht sich dadurch nur noch interessanter. Ob sie das weiß?
»Ich finde hellblau schön«, erwidert Cathrin mit ihrer nervig kratzigen Stimme. »Es ist durchaus eine Farbe für Männer. Insbesondere für irische Männer.«
»Was hat denn diese Farbe mit dem irischen Mann zu tun?«, erkundigt sich Abbys Grandma, und es drängt mich, dieser Cathrin zu sagen, sie solle doch bitte auf der Stelle ihre dämlichen Kommentare einstellen.
»Keine Ahnung, ich meine, ich habe das gehört«, weicht sie aus.
»Irische Männer …« Mrs. Broomwood ergreift die Gelegenheit, sich einzubringen, und rettet somit eine Situation, die richtig peinlich werden könnte, denn ich sehe, wie Abby ihre vollen, dunkelroten Lippen öffnet, um einen verbalen Angriff auf Cathrin zu starten. Und ich habe ja gestern erst miterleben können, wie dieses Weib die Wände hochgehen kann. »… sind eher der Farbe Grün zugeordnet, Herzchen. Grün wie die Insel. Sie verstehen? Ich kenne irische Männer, sie sind ausgesprochen höflich zu Frauen. Sie verachten Lügen, Fluchereien und Trunksucht. Der irische Mann ist risikobereit, kämpft heroisch für eine gute Sache, und er ist manierlich, gebildet, besonnen und treu bis zum Tod.«
Ich lache laut auf. »Das haben Sie schön gesagt. Ungefähr so steht es im Ehrenkodex der Fianna, der Kriegerkaste im vorchristlichen Irland.«
»Sie nehmen mir meine Rede vorweg, junger Mann«, tadelt sie mich augenzwinkernd. Höchst unterhaltsam ist sie, die alte Dame. Ich mag sie. »Der irische Filou ist eher ein Fuchs, was Frauen betrifft, und versprüht nicht selten einen jungenhaften Charme. Wie ich feststellen muss, trifft das auch auf Sie zu.«
»Ich fühle mich geschmeichelt, Mrs. Broomwood.«
»Also bitte, Grandma.« Abby stöhnt auf. »Wenn du nicht zu alt für Mr Farrell wärst, würde ich sagen, du flirtest nach allen Regeln der Kunst. Lass mich dich mal kurz auf den Teppich holen: Der Ire ist eher wie ein Wolf – also ein Tier. Instinktgesteuert. Er jagt immer in der Meute, das heißt: Gruppenjagd mit Kumpels. Und nur, wenn der irische Mann so richtig betrunken ist, traut er sich an Frauen heran. Das passiert meist dann, wenn der Abend schon gelaufen ist. So weit meine letzte Information aus einem TV-Bericht vor einigen Wochen, während ich mir die Fußnägel lackiert habe. Rot, nicht hellblau. Aber das nur am Rande.«
Verdammte Harke! Teufelsweib, sag ich doch!
Der entsetzte Blick von Cathrin ist heute Abend mein Glanzpunkt No. 2. Der absolute Glanzpunkt ist diese facettenreiche Frau in dem grünen Kleid vor mir, die mich jetzt herausfordernd ansieht.
Sie fasziniert mich, sie amüsiert mich. Und sie reizt mich bis aufs Blut.
Völlig unerwartet und für mein Empfinden viel zu früh ertönt der Gong.
Sofort hakt sich Cathrin bei mir ein. »Endlich geht es weiter. Kommst du, Kane?«
Unwirsch pflücke ich ihre Hand von meinem Arm und wende mich an Abby.
»Wir sollten das Gespräch um den irischen Mann und diverse Farben in einem anderen Rahmen weiterführen. Dürfte ich um Ihre Telefonnummer bitten«?
Während ich das sage, erstarrt Cathrin neben mir fast zu Eis. Ich fürchte, ich verliere gerade eine gut zahlende Kundin. Aber verdammt, das ist es wert. Warum sollte ich mich verstellen? Dazu gibt es keinen Grund.
Abby zieht eine Braue hoch. »Nein, dürfen Sie nicht. Ich wünsche Ihnen beiden noch einen schönen Abend. Grandma? Lass uns zu unseren Plätzen gehen.«
Damit wendet sie sich ab.
»Einen Moment, Liebes. Ich verabschiede mich gerne, wie es sich gehört. Mr Farrell?« Sie ergreift meine Hand und nickt mir zu. »Es war ein Vergnügen, mit Ihnen zu plaudern. Verzeihen Sie mir bitte meine leicht provokante, etwas überzeichnete Ausführung zu Ihren Landsleuten. Es war nicht böse gemeint.«
»Genau so habe ich es auch aufgefasst. Da gibt es nichts zu verzeihen, im Gegenteil. Ich habe mich sehr amüsiert. Solche unterhaltsamen Gespräche führe ich viel zu selten.«
Erst als Cathrin und ich wieder auf unseren Plätzen in der Loge sitzen und der Saal sich verdunkelt, sehe ich nach, was Mrs. Broomwood mir zugesteckt hat.
Eine Visitenkarte des irischen Pubs Fairys. Ich kenne es, dort trinke ich gelegentlich und nur unter der Woche nach Feierabend oder dem Sport mit Robin ein Guinness. Auf die Karte ist etwas geschrieben: Samstag!
Jetzt bin ich neugierig!



In the Arms of an Irish Man Jo Berger Ich hoffe, dir hat der Anfang von In the Arms of an Irish Man gefallen, und dich auf die Geschichte von Abby & Kane neugierig gemacht.

Deine

Jo Berger