Leseprobe:

Wellenverliebt – Gestrandet auf Sylt, das Meer und du

Vorsicht, Sylt kann süchtig machen – vor allem, wenn Herzen wilder schlagen als die Wellen und die Vergangenheit immer eine Fußspur voraus ist.

Die wasserscheue Fotografin Jenna ist pleite, ohne Job und und strandet notgedrungen auf der Nordseeinsel Sylt – umgeben von Meer! Schlimmer könnte es fast nicht kommen. Oder doch? Doch!
Jenna stürzt ins Meer und wird ausgerechnet von Finn, ihrer ersten großen Liebe, gerettet.
Jetzt ist Jennas Herz in Gefahr, denn der Rettungsschwimmer ist immer noch höllisch gutaussehend. Und Vater der 14-jährigen Emma. Na, prima. Wo ein Vater ist, ist die Mutter nicht weit, denkt Jenna.
Doch in Finns Fall gibt es keine andere Frau, nur eine entschlossene Tochter mit dem ausgeklügelten Plan, eine ganz bestimmte Traumfrau für Papa zu kapern.
Und das ist definitiv nicht Jenna.

Sand unter den Füßen

~ Jenna ~


Scheiße! Was passierte hier?
Eben hatte ich noch Sand unter den Füßen, und dann war er plötzlich weg. Als würde ich in ein Loch stürzen und gleichzeitig zog mich eine Art Sog hinaus.
O Gott! Ich … Nein, das kann doch nicht sein?! Verdammt, ich muss …!
Plötzlich schlug mir das Wasser über dem Kopf zusammen, nahm mir den Atem. Salzwasser füllte meine Lungen. Todesangst. Das durfte nicht sein! Nicht ertrinken, nicht ertrinken!
Ich ruderte mit den Armen, schaffte es an die Oberfläche, spuckte aus, holte Luft. Der Strand! Wieso war der plötzlich so weit weg?
»Hilf–«, gurgelte ich nur halb so laut, wie ich wollte, dann schwappte die nächste Ladung Wasser in meinen offenen Mund. Ich musste husten, als hätte ich mich beim Essen verschluckt, und glaubte, keine Luft mehr zu bekommen. Mein Herz raste, meine Kopfhaut zog sich zusammen. Nicht untergehen! Bloß nicht wieder unter Wasser! Ich planschte wie wild mit Armen und Füßen und merkte, dass ich immer weiter hinaus gezogen wurde. Mir brannten die Augen vom Salzwasser. Und von meinen Tränen. Kein klarer Gedanke, nur, dass ich nicht ertrinken wollte. Ich musste schwimmen!
Endlich ließ der Hustenreiz nach, ich zog lautstark die Luft ein, dann presste ich die Lippen aufeinander und mobilisierte alle meine Kräfte, um zurückzuschwimmen. Doch ich kam nicht von der Stelle, im Gegenteil. Meine Arme taten weh. Nach so kurzer Zeit? Im Schwimmbad war ich tausend Meter zügig am Stück geschwommen, ohne dass ich müde geworden war. Doch jetzt ließ nach wenigen Minuten meine Kraft nach. Und ich wusste nicht, was unter mir war! Verdammt, ich wusste es nicht!
Die Panik packte mich mit aller Wucht. Ich heulte, rief um Hilfe, schluckte wieder und wieder Wasser, hustete, strampelte, versuchte, auf mich aufmerksam zu machen, und kämpfte gegen meine Angst an.
Gleichzeitig verfluchte ich die übelste Pflegemutter aller Zeiten. Sie war schuld, dass ich nie in Seen oder im Meer schwimmen konnte. Sie hatte mich in den Sommermonaten auf dem Campingplatz am See daran gehindert, tief ins Wasser zu gehen, und mir eine Warnung mit auf den Weg gegeben: Hier sind schon viele ertrunken, deren Leichen man nie gefunden hatte. Manchmal treiben sie nach oben und packen dich am Fuß! Also geh nur so weit rein, dass du Boden unter den Füßen hast.
Klasse! Toll! Damit hatte diese asoziale Frau, die nur an dem Geld vom Amt interessiert gewesen war, eine lebenslange Angst vor tiefem Wasser in mir gepflanzt. War bis heute nicht wirklich ein Problem.
Doch jetzt kämpfte ich um mein Leben!
Meine Arme wurden lahm, meine rechte Wade krampfte, mein Kopf geriet wieder unter Wasser. Hustenanfall.
Und plötzlich eine Stimme: »Ganz ruhig, ich hab Sie!«


Unterströmung im Herzen

~ Finn ~

»Ganz ruhig, ich hab Sie!«
In schräger Linie schwamm ich auf sie zu. Ihre Augen waren vor Angst geweitet, sie hustete und japste dazwischen nach Luft. Salzwasser lief ihr aus Mund und Nase. Offenbar hatte sie schon reichlich Wasser geschluckt.
»O Go-Gott sei Dank. Krampf …«, gurgelte sie und wollte sich an mich klammern. Das ließ ich jedoch nicht zu, so würde ich sie nicht retten können.
»Auf den Rücken«, befahl ich knapp. »Ja, so ist es gut. Nichts tun, ich mach das. Lassen Sie sich einfach treiben, okay? Hier, nehmen Sie das vor Ihre Brust, gibt etwas Auftrieb.«
Zum Glück hörte sie auf mich, nahm das aufgeblasene Kissen an sich und hielt es fest an sich gepresst.
Als Nächstes hatte ich alle Mühe, aus dem Sog rauszukommen, schwamm mit aller Kraft diagonal, bis ich endlich Sand unter meinen Füßen spürte. Ich zog sie weiter, bis wir im flachen Bereich waren und uns das Wasser nur noch bis zu den Oberschenkeln ging. Dann stellte ich die am ganzen Leib schlotternde Frau auf die Beine. Die sackten ihr jedoch sofort weg. Eine normale Reaktion, wenn ein Mensch lange gegen eine Strömung kämpft. Heute war das Meer vergleichsweise ruhig und die Kleine, sie musste etwas jünger als ich sein, war nicht wirklich lange im Wasser gewesen. Sie war völlig fertig. Wahrscheinlich hatte ihr die Panik arg zugesetzt.
Kurzerhand hob ich sie hoch und trug sie an den Strand. Dabei schlang sie die Arme um meinen Hals und zitterte am ganzen Leib, als hätte sie immer noch Angst, zu ertrinken.
»Alles ist gut«, murmelte ich beruhigend in ihr nasses Haar hinein. »Wir sind an Land. Alles gut.«
Statt einer Antwort nickte und schluchzte sie herzzerreißend. Du liebe Güte, sie musste eine Scheißangst gehabt haben. Solche Reaktionen hatte ich nach einer Rettungsaktion schon oft erlebt, aber da waren die Personen, darunter manchmal Kinder, meist länger und bei höherem Wellengang im Wasser.
Meine Tochter sah mir aschfahl entgegen, zog sich an ihrer Krücke hoch und stammelte: »Hier, setz sie da ab. Auf dem Shirt. Tut mir leid, Papa, ich wusste nicht …«
»Schon okay, ist ja noch mal gut gegangen.«
Ich setzte die Frau ab. Sofort kauerte sie sich zitternd zusammen und umschlang ihre Knie.
»Danke«, stammelte sie und zog ihre Nase hoch. »Tut mir leid, ich …«
»Sie hatten Glück, dass ich gerade in der Nähe war«, brummte ich, zog mein rotes Life-Guard-Shirt aus und legte es ihr um die Schultern. Dann setzte ich mich neben sie. »Alles in Ordnung? Geht es Ihnen so weit gut? Haben Sie sich irgendwo verletzt? Tut das Atmen weh?«
Sie schüttelte den Kopf, warf mir einen flüchtigen Blick zu und starrte wieder unter sich. »Ich hätte nicht … ins Wasser gehen sollen«, stammelte sie und zog das Shirt fester um sich.
»Nein, hätten Sie nicht! Zumindest hier nicht!«, antwortete ich barscher als gewollt und sie sah mich erschreckt und leicht entsetzt an. Sie kam mir bekannt vor. Das hatte jedoch nichts zu sagen, ich sah unzählige Menschen und viele dunkelhaarige Frauen im Laufe eines Sommers. Allerdings keine, die in Slip und BH ins Meer gingen. »Die Trecker-Strömung ist gefährlich. Gerade wenn am Vortag ein Unwetter war und die Wasseroberfläche harmlos aussieht. Sie sollten nur zwischen den abgesteckten Fahnen baden gehen.«
»Welche Fahnen?«
»Die da drüben. Rot-gelbe Befahnung. Dort ist es ungefährlich.«
»Ah …« Sie folgte mit dem Blick meinem ausgestreckten Arm, dann zuckte sie schlaff mit den Schultern. »Wusste ich nicht. Bin den ersten Tag hier.«
»Soll das eine Entschuldigung sein?«, gab ich barsch zurück, fassungslos von der Arglosigkeit mancher Urlauber. »Wir sind nicht umsonst hier. Sehen Sie das Häuschen auf Stelzen? Ja? Das ist mein Arbeitsplatz. Und ich habe schon einige Menschen ertrinken sehen, die glaubten, nicht auf die Fahnen achten oder sich im Vorfeld mal schlaumachen zu müssen, was die Farben bedeuten. Die Information hängt groß und breit aus. Man muss nur lesen können. Die Nordsee ist kein Schwimmteich! Seien Sie froh, dass ich in der Nähe war!«
Plötzlich ging ein Ruck durch den schlanken Körper, und die Frau sah mich an. Aus ihren grünen Augen sprühten Giftblitze. »Und das gibt Ihnen das Recht, mich wie ein Kleinkind zu behandeln? Ja, ich bin Ihnen dankbar. Sehr sogar. Doch deswegen müssen Sie mich noch lange nicht wie ein beschissener Oberlehrer behandeln!«
Ich hob die Hände auf Brusthöhe und zeigte ihr die Handflächen. »Sorry, Sie haben recht. In jedem Fall bin ich froh, dass Sie leben!«
»Ja«, nuschelte sie. »Wenigstens einer …«
»Wie bitte?«
»Nichts«, sagte sie und winkte ab.
»Wie auch immer … Das hätte übel enden können. Gehen Sie nie wieder außerhalb der Begrenzung ins Wasser. Und wenn Sie rote Fahnen sehen, erst recht nicht. Und …« Ich brach ab.
Warum reagierte ich so verärgert? Das war sonst nicht meine Art. Wenn ich einen Menschen lebend aus dem Meer gezogen hatte, verspürte ich eher Erleichterung als Zorn. Gut, auch Fassungslosigkeit, aber im Lauf der Jahre rechnete ich schlichtweg mit der Unvernunft und der Selbstüberschätzung mancher Urlauber und hatte gelernt, locker damit umzugehen. Natürlich wies ich sie im Anschluss, wenn sie sich einigermaßen von dem Schreck erholt hatten, auf die Strandregeln hin und erklärte ihnen die Tücke der Trecker-Strömung, die tödlich sein konnte, selbst bei vermeintlich ruhigem Wasser an der Oberfläche. Denn unten drunter konnte es ganz anders aussehen. Aber noch nie hatte ich derart emotional reagiert.
Ob ihr vermeintlich gleichgültiges Schulterzucken meine Empörung ausgelöst hatte oder ihr verschämter Blick aus moosgrünen Augen, konnte ich nicht sagen. Seltsamerweise hatte ich das Gefühl, nach dieser erfolgreichen Rettungsaktion erleichterter als üblich zu sein. Gerade so, als würde mir diese zugegeben sehr attraktive Frau in schwarzer Unterwäsche mehr bedeuten. Und mittlerweile hatte ich das Gefühl, sie definitiv von früher zu kennen.
Sehr komisch …
Emma sah mich dementsprechend mit gerunzelter Stirn an und sprang für die nasse Katze vor mir in die Bresche.


Alle Romane von Jo Berger können unabhängig voneinander gelesen werden. Keine Cliffhanger und garantierte Happy Ends.


Ich hoffe, der Anfang des Romans hat dir gefallen, und du bist jetzt neugierig, wie es weitergeht.

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